Schippertisch-Nachlese – Eine Brücken­erlebnis­reise

Am 05.11. fand der erste Schippertisch der Wintersaison 2021/22 der SVK statt. Kapitän Uwe Steinhoff hatte Renate, unserer Veranstaltungswartin, einen Vortrag zur alten Levensauer Hochbrücke zugesagt.
Wer bereits einen Vortrag von ihm gehört hat, wusste, uns erwartet eine bunte und gut aufbereitete Bauwerksreise von der Entstehung bis in die Neuzeit.

An diesem Abend fanden ca. 40 interessierte Vereinsmitglieder den Weg in unsere Vereinsgastronomie. Wie schön mal wieder eine Veranstaltung in Präsenz zu erleben, wenn auch coronabedingt unter Einhaltung der 3G-Regel des SVK-Hygienekonzeptes. Der Vortragsabend war in jedem Fall lohnenswert. Neues Wissen, über die Entstehung der Levensauer Hochbrücke, Baumängel und Instandhaltung, Brückenstatik, Fledermäuse sowie dem derzeitigen Ausbaustand der geplanten neuen Bogenbrücke konnten die Zuhörer erwerben.

Schippertisch-Nachlese - Eine Brücken­erlebnis­reise

Levensauer Hochbruecke mit Schrankenwaerterbude aus dem Jahre 1894, Bild U. Steinhoff

Die alte Levensauer Hochbrücke ist eine der letzten Brücken aus der Gründerzeit des Nord-Ostsee-Kanals und nunmehr weit über 100 Jahre alt. Gebaut 1893 überspannt sie als außergewöhnliche Bogenbrücke den Nord-Ostsee-Kanal mit einer Spannweite von 163 Metern und einer lichten Höhe von 42 Metern. Die feierliche Eröffnung der Levensauer Hochbrücke fand am 3. Dezember 1894 in Gegenwart von Kaiser Wilhelm II. statt.

Bei der ersten Kanalerweiterung (1907 – 1914) wurde die Kanalsohle des NOK unter der Brücke von 22 auf 44 Meter verbreitert. Ein großes Problem für die Bauingenieure, denn die Brückentürme hatten kein tiefgehendes Fundament. Durch das Gewicht der Türme, wären die Erdmassen unter den Türmen ohne weitere Sicherungsmaßnahme in den Kanal gedrückt worden, so Kapitän Steinhoff. Die Lösung, zwei Stützmauern unter den Türmen. Aber der Preis war hoch. Bereits 1928 war eine grundlegende Sanierung der Brücke erforderlich, weil sich die Brücke gesenkt hatte und mehrere Zentimeter tiefe Risse im Mauerwerk der Türme entstanden waren.

Kapitän Steinhoff zeigte in eindrucksvollen Bildern was eben passiert, wenn die Statik der Brücke durch Baumaßnahmen verändert wird. Bilder von tiefgreifenden Bauwerksrissen der massiven Brückentürme und Bilder der aufwändigen Sanierung wurden vorgestellt und kritisch hinterfragt. Eine Sanierungsmaßnahme, die mehrfach in den letzten Jahrzehnten wiederholt werden musste, um die Brückensicherheit zu gewährleisten. Blickwinkel, die wir so noch nicht kannten.

1954 wurde die Brücke dann umfassend modernisiert, um den zunehmenden Verkehr gerecht zu werden. Die Tragfähigkeit der Brücke wurde von 22 auf 60 Tonnen vergrößert und leider mussten die von Hermann Muthesius entworfenen Portaltürme beseitigt werden. Dabei wurde der Geh- und Radweg seitlich vor den westlichen Brückenbogen verlagert. So entstand zwischen den Bögen ausreichend Platz für ein Eisenbahngleis und davon getrennt zwei Fahrspuren für den Straßenverkehr.

Levensauer Brücke 2008

Levensauer Brücke 2008, Von KarleHorn at de.wikipedia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19238334

Selbst das Restaurant Magaretenthal wurde im Bildervortrag mit seiner Entstehung bedacht. In diesem Sommer, 20 Jahre nach seiner Schließung, wurde das Restaurant Magaretenthal übrigens wieder neu eröffnet. Weitere Infos unter https://margaretental.de/historie/

Doch die Tage der Brücke sind nun endgültig gezählt, denn im Bereich der Levensauer Hochbrücke befindet sich die letzte Engstelle des Nord-Ostsee-Kanals, die nun beseitigt wird. Die alte Levensauer Hochbrücke muss nun einem Neubau weichen. Auch hier erzählte Uwe Steinhoff anschaulich, was alles für den Neubau in Vorbereitung geplant und bereits umgesetzt oder in Entstehung begriffen ist. Auch ein Exkurs in die Fledermauswelt fand statt, denn in den Turmfundamenten, in denen sich jeweils eine Halle mit Fensteröffnungen befindet, finden jedes Jahr etwa 6000 Fledermäuse ein Winterquartier. Dort überwintern in den Dehnungsspalten des Mauerwerks Große Abendsegler, Zwerg-, Wasser-, Teich-, Fransen- und Breitflügelfledermäuse. Die Beibehaltung eines Brückenfundaments, um auch mit dem Neubau ein Fledermauswinterquartier zu erhalten, ist keine kostengünstige Lösung.

Kapitän Steinhoff  beendete seinen Vortrag mit einem Ausblick wie die neue Brücke, ebenfalls eine Bogenbrücke, aussehen wird und wie sie technisch voraussichtlich entstehen könnte. Weitere Infos zur Baumaßnahme findet ihr im Internetauftritt des Wasserstraßenneubauamts.

Der Beifall der Zuhörer und auch die angeregten Diskussionen hinterher zeigten, dass der Vortrag mit seinen technischen Einblicken gut angekommen ist. Vielen Dank Herr Kapitän für diesen wirklich unterhaltenswerten Vortrag.

An dieser Stelle möchten wir noch auf den nächsten Schippertisch am 03.12.2021 hinweisen. Dieser wird von unseren Vereinsmitgliedern Janna und Ilja gestaltet. Sie werden uns auf ihren Blauwassertörn mit der S/Y Thula mitnehmen. https://www.svk-kiel.de/termine/schippertisch-8/.

Wir hoffen auf rege Beteiligung am 03.12. Achtung, der Schippertisch läuft, verbehaltlich neuer Corona-Regelungen, ebenfalls als 3G-Veranstaltung.

N. Ruhe