Ausbildung und Mondscheinfahrt – Nachts segeln?
Am 30.9. trafen sich Nadja, Elmar, Hans, Johannes, Martin und Hanfried zwischen 19:00 und 20:00 Uhr auf der FairWind, um sich segelnd in die Dunkelheit zu wagen. Was mit uns passiert, wie wir reagieren und handeln, wenn es rundherum duster wird, wenn wir nur noch Lichtpunkte und keine Silhouetten mehr sehen, um Entfernungen zu schätzen … das sollten wir erleben.
Deshalb starteten wir bei akzeptablem Wetter (Wind Süd, 2-3 Bf. zunehmend, kein Regen, gute Sicht), checkten die Posis der FairWind, der Handstrahler war ohne Saft… Trotzdem los! Wir segelten auf der Ostseite der Förde nach Norden. Bei achterlichem Wind und ruhiger See stimmten wir uns ein, checkten die Kennungen der Betonnung, differenzierten die Befeuerung der Kiel-Kanal-Signale, der einlaufenden und auslaufenden Schiffe. Hier in gewohnter Umgebung wurde noch alles locker „gesehen“ und in sicherer, gewohnter Weise entschieden.
Das änderte sich, als wir auf Höhe des Friedrichsorter Leuchtturms die Fahrwasserseite wechseln wollten. Wie steuern wir? Welcher Kurs? Welche Segelstellung? Reicht unser Speed? Wie schnell kommen die Entgegenkommer ran? und die Überholer auf? Woran erkennt man, wo beim Frachter vorn und achtern ist? … Lieber erst mal alles vorbeilassen und dann auf kürzerer Querung rüber? Ja, so ist es sicherer! Die Diskussionen wurden vom Skipper angeregt, gefordert, damit alles ausgesprochen wurde, was man denken und entscheiden könnte.
In der Strander Bucht konnten wir außerhalb des Fahrwassers die grünen Tonnen auf Stb. liegen lassen, um dann an der Tonne Kleverberg-Ost nach NW in die echte Dunkelheit „abzubiegen“. Es wurde eine Rauschefahrt in Richtung der Stollergrund-Süd-Tonne – unbeleuchtet … 8 …- „Ist sie eine Gefahr?“ – „Wie kann man das abschätzen?“ – „Was wissen wir?“ – „Wir steuern relativ konstant die angesagten 310 Grad, hilft das?“ – „Nach der Karte liegt Stollergrund-Süd in ca. 325 Grad ausgehend von Tonne Kleverberg-Ost. … Eigentlich kein Problem – Haben wir vielleicht Strömung, die uns auf die Tonne versetzen kann?“ … „Also lieber 5 Grad anluven“ … „Was ist mit den gelben Tonnen, die die Seekabel zum Kiel-Tower markieren?“ – „Mist, dass der Handstrahler nicht geht!“
Da waren dann genau die Diskussionen, die mit dieser „Nachtausbildung“ geführt werden sollten. Alles, was uns am Tage bzw. bei Sicht kein Problem macht, wurde jetzt wichtig! Die Notwendigkeit exakter Kartenarbeit wurde deutlich! Nicht nur mal so eben abzuschätzen, wo ich bin, sondern es genau zu wissen! – und es ggf. auch zu dokumentieren!
Die Kälte wurde bald ungemütlich. Auch die fortgeschrittene Zeit, es war etwa „Halbzeit“ – ca. 23:00 Uhr. Beides motivierte uns zur Wende und Gegen-Kurs nach Hause. Nach der Seekarte mussten wir schon „über den Berg“ Stollergrund hinaus sein, denn das Echolot zeigte seit 10 Min. wieder mehr als 10 m Wassertiefe an – Also Wende!
Den genauen Gegenkurs konnten wir als „zu hoch“ am Wind nicht laufen. Die unbefeuerten Tonnen waren nun also echte Gefahr! Um nicht zu kollidieren, hätten wir ohne eine genaue Position so lange auf Kiel-Tower zuhalten müssen, bis wir zeitlich die halbe Wegstrecke Richtung Fahrwasser hinter uns hätten, um dann erst (alle unbefeuerten Tonnen hinter uns) auf Kreuzkurs zum grünen Fahrwasser-Tonnenstrich und dann weiter in die Förde zu fahren … gut, dass mein Tablet seit Abfahrt alles aufzeichnete! Entspannung und freuen auf baldige, wärmende Suppe im Bauch.
Wir konnten nun auf schnellstem Wege Richtung SVK-Clubheim segeln. Es wurde ein schöner exakter Kreuzkurs bei Wind aus SSW – gute, knappe Wendewinkel – eine entspannte Sache! – eigentlich – wenn uns nicht ein fetter, festsitzender Überläufer auf der selbstholenden BB-Winch kurz vor T5 noch mal alle Seemannschaft abgefordert hätte! Jemand hatte die holende Part aus der Hand verloren und der Grinder hatte sie mit auf der Winch druntergewickelt. Da ging nichts mehr! Nur noch fester, steifer wurde die Genuaschot… abschneiden? … Nein! … aber… dann hab’ ich die Stb-Schot ausgeschoren, durch den BB-Holepunkt geführt und auf eine andere freie Winch gelegt und noch steifer durchgeholt als die andere – bis da der Palstek am Schothorn zu lösen war …
Nach „Klarschiff“ am Liegeplatz gönnten wir uns noch die mitgebrachte und in der Kombüse erwärmte Suppe. In netter Runde ließen wir noch einmal die letzten Stunden Revue passieren, kommentierten dies und das und genossen die sehr positive Stimmung an Bord mit ein paar „Radlern“.
Die Sache mit dem Überläufer wurde natürlich auch besprochen. Sie war ein Beispiel dafür, dass im Dunkeln ganz neue Fehler passieren können, die man im Hellen gleich zu vermeiden weiß! Achtsamkeit auf eigene Aufgaben und auf die der anderen! Auch mal „Stop!“ zu rufen, weil es allen helfen kann, eine Kleinigkeit zu vermeiden, die sich zu einer ernsten Sache ausweiten könnte! Es ist das Miteinander in einer Crew, das wir beim Segeln immer wieder leben und gestalten! Schön, dass die FairWind da ist und so einen Übungsraum bietet!
Bei genügend Interesse freue ich mich auf einen erneuten Mondschein-Segelkurs 2023!
Hanfried Loss